Jahresrückblick 2024

Tolle Highlights und ein Segelunglück 2024

Das Jahr war prall gefüllt mit spannenden Ausflügen, Begegnungen und neuen Eindrücken. An der Erstellung meines Kartenspieles habe ich lange und intensiv gearbeitet. Von der Motivgestaltung bis zur digitalen Ausarbeitung war es ein ganz neues Projekt für mich, das einfach nur Spaß gemacht hat.

Einen mehrtägigen VHS – Kurs mit Kindern zum Thema Kunst und Natur zu gestalten, war eine tolle Herausforderung.

Meine Entscheidung, mich wieder ganz auf meine eigene Arbeit zu konzentrieren, hat zwar den Abschied vom Kunstverein erfordert. Nun genieße ich aber wieder mehr Handlungsfreiheiten für meine eigene Kunst. Die Vorbereitungen zur nächsten Soloausstellung ab März 2025 nehmen viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch. Ich habe noch einiges zu tun bis zur Eröffnung.

Ein schrecklicher Segelunfall im September, bei dem mein Mann und ich beinahe ums Leben gekommen wären, bleibt sicherlich prägend. Wir sind beide froh und dankbar, dieses Unglück so gut überstanden zu haben. Allein und ohne beherzte Unterstützung von vielen Seiten hätten wir das nicht geschafft. Den langen Bericht hier niederzuschreiben, war nicht angenehm. Aber je mehr ich ins Schreiben fand, um so mehr fühlte ich, dass ich damit mehr Abstand von dem schrecklichen Ereignis bekommen kann. Der Text zum Segeltörn ist wirklich lang geworden. Aber Du musst ja nicht alles lesen. Für mich war das Schreiben auf jeden Fall heilsam.

Dieses Jahr wird mir in besonderer Erinnerung bleiben mit seinen einschneidenden Ereignissen. Dankbar bin ich für die neuen Erkenntnissen, die ich mitnehmen werde ins neue Jahr. Insbesondere bin ich dankbar, dass ich diesen Jahreswechsel gemeinsam mit meinem Mann überhaupt erleben darf.

1. Das Jahr startete richtig gut! Mit meinem Kartenspiel – MATRIASKAT

Ich habe mal was Neues gewagt! Und es ist mir ein absolutes Herzensprojekt geworden: Ein eigenes Skat Deck zu entwerfen und in die Produktion zu geben, war eine tolle Herausforderung und hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Spannend war auch, die Motive komplett digital zu erstellen. Auf die kleine Auflage mit 100 Stück als Künstleredition bin ich richtig stolz! Aufhänger für das Kartendeck war die Teilnahme an der Ausstellung mitBLAU in Schwalenberg. Schon zu Beginn der Entstehung bewegten sich meine Ideen schnell weg vom traditionellen Blaudruck hin zu mehr Farbe und auch weg vom traditionellen Kartenspiel mit Bube, Dame, König hin zu Biene, Dame, Königin.

Jetzt bin ein absoluter Bienen Fan! Mit ihrem durchorganisierten Staat sind sie einfach effektiv und pragmatisch. Jede Biene hat ihre Aufgabe Und haben dabei so eine unglaublich symphatische Ausstrahlung. Bei der Arbeit summen sie unermüdlich. Sie versenken sich Hals über Kopf in die Arbeit, um danach am liebsten gelb gepudert fröhlich summend weiterzufliegen. Besonders inspirierend war es für mich, die herzerfrischenden Bienenfiguren in der dunklen Jahreszeit zu gestalten. Das hat einfach die Stimmung erhellt mit jedem Kritzelstrich. Im März hielt ich die limitierte Auflage der fertigen Kartendecks in der selbst gestalteten Metallbox in Händen – pünktlich zur Ausstellung. Tadahhh!

Katalogseite zur Ausstellung mitBLAU
Matria Skat im Katalog zur Ausstellung „mitBLAU“
MatriaSKAT mit Bienenkönigin
3 Spielkarten mit Herz aus dem Deck mit Biene, Dame und Königin
Die Bienenkoenigin im MATRIASKAT
Die Bienenkoenigin im MATRIASKAT

Hier gibt es mehr zum MATRIA SKAT und im Shop ist es ebenfalls zu finden

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2. „Kunst und Natur“ mit den Kindern der VHS – LIPPE – OST

Das war vielleicht eine prall gefüllte Woche mit acht Kindern! Die neun und zehn Jahre alten Mädchen und Jungen hatten in der Osterferienwoche einen enormen Bewegungsdrang. Wie gut, dass wir im Werkhaus Schieder-Schwalenberg reichlich Platz hatten.

„Nur Hasen können`s besser“ hieß es in der Einladung zum Kinderworkshop in den Osterferien der VHS Lippe – Ost. Die Kinder konnten mit mir zusammen ihre eigenen kleinen Insekten erfinden, wir haben Wanderstöcke bemalt, mit Plastillin gestaltet und unseren eigenen Blaudruck hergestellt.

Der Kinder VHS-Kurs "Nur Hasen können`s besser" im Werkhaus Schieder-Schwalenberg
Die Arbeit mit Plastillin bringt alle Kinder an die Werktische

Das Werkhaus ist eine alte Dame. Sie hat vom Keller bis zum Dachboden des historischen Fachwerkes bestimmt schon so einiges erlebt. Unzählige Kreativkurse haben in den großen Räumen reichlich bunte Spuren hinterlassen. Die Kinder fühlten sich von Herzen eingeladen und hopsten treppauf und treppab über alle Etagen. Wir hatten das ganze Haus für uns! In den uralten, verwinkelten Kellerräumen wurde Verstecken gespielt. Der große Werkraum lud unwiderstehlich dazu ein, immer wieder mal und einfach so Rad zu schlagen. Danach konnte man sich wieder viel einfacher auf das Plastillin oder den Stoffdruck konzentrieren. Uns stand wirklich sehr viel Platz zur Verfügung.

Zum Kursangebot gehörte ein Frühstück für die Kinder, an dem sie sich gern und reichlich bedienten. An allen Workshop Tagen war das Wetter trocken und wir konnten einen abwechslungsreichen Waldspaziergang bis zur Magdalenenquelle genießen. Es war zwar jeden Tag die selbe Strecke. Aber es konnte gar nicht langweilig werden mit dieser quirligen Gruppe. An einem Tag konnten wir auch der Galerie Haus Bachrach einen Besuch abstatten. Denn die Blaudruck – Ausstellung mitBlau war parallel zu unserem Workshop geöffnet. Ich hatte echt eine bewegungsintensive Gruppe. Zwischendurch war aber auch Zeit für schöne und Gespräche mit einzelnen Kindern, die mich sehr berührt haben mit ihren Geschichten aus ihrem Alltag.

Für die Kinder und genauso für mich war es klasse, die verschiedenen Techniken gemeinsam auszuprobieren.

Das Werkhaus Schieder-Schwalenberg bietet reichlich Platz für kreatives Arbeiten
Lichtdurchfluteter Raum im Werkhaus Schieder – Schwalenberg
Hornie - Ein Insekt aus Fundstücken wird stolz präsentiert
Die Ergebnisse der Experimente mit „Kunst und Natur“ werden stolz präsentiert

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3. Abschied vom Kunstverein

Seit Beginn 2024 habe ich mich stark engagiert für den Kunstverein Schieder-Schwalenberg. Es hat Spaß gemacht, mit anderen Künstlerinnen und Künstlern die verschiedensten Projekte zu planen und durchzuziehen. Der Austausch war inspirierend und auch hilfreich, um noch einfacher über die eigene Arbeit zu reflektieren. Gemeinsame Projekte treiben die Ideen an und motivieren, neue Techniken und Sichtweisen auszuprobieren.

Ein absolutes Highlight am Rande der Vereinsarbeit war meine Teilnahme an einem Workshop zum Aller.Land Programm in Chemnitz. Es wurden so erfischende und unglaublich wirksame Förderprogramme in den unterschiedlichsten Kunst – und Kultursparten vorgestellt. Es ging um Tanzchoreografien, an denen ein ganzes Dorf beteiligt war, um Nähprojekte, in die ganze Straßenzüge mit einbezogen waren. Alternative Stadtführungen wurden vorgestellt, ein Halloween – Verein, der alle Nachbarn zusammenbrachte und und und…

Kultur kann die Menschen auch in Krisen wieder zusammenbringen! Aber die Kulturschaffenden müssen auch bezahlt werden. Denn bei all den vorgestellten Projekten wurde deutlich, wie entscheidend jeweils die professionelle Unterstützung durch die engagierten Künstlerinnen und Künstler war.

Um diese Ideen am eigenen Standort umzusetzen, hätte der Kunstverein Schieder-Schwalenberg allerdings ganz andere Prioritäten setzen müssen. Auch mein eigenes Schaffen hätte ich noch mehr zurückstellen müssen. Dabei war die Arbeit rund um die Ausstellungsorganisationen so schon extrem zeitaufwendig. Ich fühlte mich bald nicht mehr wohl damit. Je mehr Kompromisse ich schließen musste, um so schwerer fiel es mir, mich auf die vielen, zeitraubenden Einsätze einzulassen. Meine kreative Freiheit mochte ich auch nicht länger der etablierten Hierarchie des Vereins unterordnen. Mein Abschied war für mich unausweichlich.

Nun ist es wohltuend, mich wieder auf mein eigenes Schaffen konzentrieren zu können, um neue Ideen zu entwickeln.

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4. Unser Segeltörn mit dramatischem Ausgang

Unser Urlaub im September auf Usedom endete mit einem schrecklichen Segelunfall

Wir freuten uns auf einen Segelausflug kurz vor unserem Urlaubsende auf Usedom. Unsere Liz-Jolle kenterte allerdings und wir mussten im kalten Achterwasser lange auf Rettung warten. Mein lieber Mann und ich haben nur sehr knapp überlebt.

Wir hatten bereits zwei Ausflüge auf dem fremden Wasser unternommen, um bei mäßigem Wind erst einmal die Gegend und den Peenestrom zu erkunden. Naja, die Winde waren wirklich seicht. Wir dümpelten ein wenig dahin und sind beide Male recht bald umgedreht. Der Urlaub war geplant als Mix aus kleineren Segeltörns und Ausflügen auf Usedom. Nach der Ferienzeit und zum Ende der Segelsaison freuten wir uns auf eine entspannte Woche mit wenig Betrieb.

Manfred und ich besuchten noch das Historisch-Technische Museum in Peenemünde. Dieser Ausflugstag war grau, nass und ungemütlich. Im Nachhinein war es für mich eine Einstimmung auf unseren dramatischen Segeltörn am darauf folgenden Tag. Die gigantische Anlage des ehemaligen Militärgeländes, auf der die weltweit ersten Raketen entwickelt wurden, empfand ich sehr beklemmend, was bestimmt nicht nur am miesen Wetter lag. Den Rest des Tages nutzten wir, um in aller Ruhe den nächsten Ausflug aufs Wasser zu besprechen.

Der Segeltörn

Das Wetter an unserem letzten Segeltag zeigt sich vormittags ungemütlich. Für den Nachmittag ist jedoch nachlassender Wind angekündigt. Wir beschliessen also, gegen Mittag zu starten. Bis wir den Peenestrom hinter uns gelassen hätten, wäre das Achterwasser schon wieder einfacher befahrbar. Die Temperaturen mit 16°C sind angenehm. Ich trage Kleidung in Schichten unter dem Segelzeug. Inklusive Mütze und Sonnenbrille fühle ich mich gut gerüstet. Die Schwimmwesten legen wir beide wie immer selbstverständlich an. Meine Sonnenbrille soll noch eine merkwürdige Rolle spielen an diesem Tag. Und wie froh ich über jedes Stück meiner Kleidung sein würde, ist mir beim Ablegen auch noch nicht klar.

Unter Motor verlassen wir den Hafen und sind guter Dinge, heute mal „wirklich“ segeln zu können. Die beiden vorherigen Touren waren ja etwas langweilig. Ich bin wie immer für die Vorschot zuständig, Manfred bedient das Großsegel und sitzt hinter mir an der Ruderpinne. Über den Peenestrom geht es wunderbar voran. Der Wind verspricht noch einen schönen Ritt über das Achterwasser, das wir bald schon erreichen. Sollte der Wind noch zu kräftig sein, die Wellen zu kabbelig, würden wir auf jeden Fall umkehren. Mit unserer Liz Jolle begegnen wir anfangs noch weiteren Seglern. Mit vorrückender Stunde werden es aber immer weniger. Manche haben noch eine letzte Vormittagsrunde auf dem Peenestrom genossen, die meisten haben bereits die Segelsaison in dieser Woche beendet.

Wir checken ein letztes Mal auf dem Handy die Wetterverhältnisse und entscheiden, uns aufs Achterwasser hinauszuwagen. Auf dem Peenestrom geht es vielversprechend voran. Je mehr wir uns dem Achterwasser nähern, erfordert der Wind bald volle Konzentration. Ich bin gut damit beschäftigt, mit dem Körpergewicht bei jeder Krängung mitzugehen und auf Manfreds Ansagen zu achten. Ich bin ganz bei der Sache. Ich rechne mit einer baldigen Kurskorrektur durch Manfred am Ruder und damit, jeden Moment die Vorschot ein wenig zu lösen.

Rythmisch hebt sich das Boot leicht aus dem Wasser und klatscht zurück auf die Wellen. Das fühlt sich richtig gut an gerade, aber mehr sollte es nicht werden. Ich bin mir sicher, dass Manfred das ebenso einschätzt wie ich. Wir werden alles fertig machen zur Wende. Dafür müssen wir jeoch den passenden Moment nutzen.

Zu spät!

Denn unverhofft und zeitgleich mit einer überraschend umschlagenden Böe wird die Jolle von einer Welle getroffen und hebt sich vorne hoch aus dem Wasser. Mit dem plötzlich nachlassenden Wind hat die Großschot nun plötzlich so viel Spiel, dass Manfred in dem sich schlagartig nach Luv krängenden Boot den Halt verliert. Dass Manfred in diesem Moment bereits über Bord geht, bemerke ich nicht.

Komplett unter Wasser getaucht, hält Manfred die Großschot fest in beiden Händen, um das Boot nicht zu verlieren, um sich selbst nicht zu verlieren, um mich nicht zu verlieren. Das Boot bleibt noch für einen Moment in Fahrt. Das Wasser dringt mit Hochdruck in seine Kleidung ein bis auf die Haut. Manfred erlebt den Kälteschock, der mir erspart bleibt. Indem er natürlich alles versucht, im Wasser die Großschot nicht zu verlieren, strafft er damit die Leine.

Darum fasst die nun kommende Böe um so heftiger in die Segel. Da ich von ihm kein Kommando höre, wiege ich mich noch in relativer Sicherheit. Die Krängung ist nun aber auch so stark, dass ich gar nicht mehr in der Lage bin, die Vorschot aus der Klemme zu lösen. Mit aller Kraft stemme ich mich noch bis auf die äußerste Kante des Bootes, um mit meinem Gewicht auszubalancieren. Ich blicke kurz noch, ganz oben von der Kante hinunter auf das dunkle, schäumende Wasser. Und schon klatschen die Segel auf die Wasseroberfläche. Ich sehe sie untertauchen. Dabei rutsche ich, gleite ich besser gesagt, rücklings über die Kante des Bootes, dessen Bug sich nun mehr und mehr aus dem Wasser hochwölbt.

Vom langsam auftauchenden Bootsrumpf ausgebremst, falle ich nicht kopfüber ins Wasser, sondern gleite eher in sitzender Haltung rücklings in die Wellen des Achterwassers. Die Schwimmweste hat sich zuverlässig bereits beim ersten Eintauchen rasend schnell aufgepumpt. Ich registriere mit Erleichterung, dass mein Kopf, die Schultern und auch die Arme noch halbwegs trocken sind, während ich an der rutschigen Bootskante mal gerade mit den Fingerspitzen spärlichen Halt finde. Ich habe keinen Kälteschock. Das ist gut. Es ist auch erleichternd, die Schuhe fest an den Füßen zu spüren. Wie gut, dass das Wasser sich nur langsam durch die Kleidungsschichten hindurcharbeiten kann. Dabei wärmt es sich wenigstens etwas auf und es fühlt sich auf der nackten Haut erträglich an. Das Wasser und die Luft scheinen sehr ähnliche Temperaturen zu haben. Wie gut. Später erfahre ich, dass das Wasser in diesem Moment 16°C hat bei einer Lufttemperatur von 15°C. Es fühlt sich gerade einfach beruhigend an, dass das Wasser nicht noch kälter ist. Ausserdem bin ich nicht verletzt. Nichts tut weh. Ich erinnere mich an diese Sekunden, als hätte ich mir selbst, simultan zum Geschehen, ganz nüchtern alle wichtigen Informationen mitgeteilt wie aus einem Protokoll vorgetragen.

Es sind vermutlich bis hierhin nur wenige Sekunden vergangen. Ich wende mich nun zur Seite und finde Manfred am Heck des Bootes neben mir, genauso mit den Händen nach Halt suchend. Verdammt! Jede Teigschüssel hat eine bessere Griffmulde!

Das Boot schaukelt heftig und liegt durch die noch verschlossene, mit Luft gefüllte Kabine sehr wackelig und ziemlich steil im Wasser. Mit viel Mühe und Überwindung, ständig nach etwas Halt über Wasser suchend, sowie nach mehreren gescheiterten Versuchen schaffen wir es endlich, Das Funkgerät aus der Plicht unter Wasser herauszuangeln, um das Notsignal abzusetzen. Kein Ton! Nichts! Es scheint nicht zu funktionieren.

Nun entscheiden wir gemeinsam, dass ich versuchen würde, mich robbend über den steilen Kiel hochzuschieben, um erstmal aus dem Wasser heraus zu kommen. Als ich die Mitte des Bootes erreiche, ist es Manfredd Idee, dass ich mich aus dieser Position heraus auf das Schwert stelle und das Boot mit meinem Körpergewicht ins Drehen bringen würde.

Das schaffe ich nach einer kurzen Verschnaufpause. Es tut sich aber rein gar nichts. Inzwischen ist anscheinend die Tür der Kajüte herausgedrückt worden und das Bootsinnere voll Wasser gelaufen. Die Jolle liegt bereits tiefer im Wasser. Ein Aufrichten ist unmöglich. Immer wieder dreht sich das Boot nun unter Wasser. Es legt sich mal auf die eine, mal auf die andere Seite. Uns bleibt nichts zu tun, als bei jeder Bewegung mitzuklettern im kalten Wasser, über den Bauch des Bootes hin und her rutschend.

Ach, diese Sonnenbrille! Bei all den schrecklichen Aktionen bleibt meine Sonnenbrille auf der Nase. Unglaublich, dass ich sie nicht verliere. Ich hätte die coolste Wasserleiche abgeben können. Zwischenzeitlich sehe ich zuerst meine Mütze davon schwimmen. Dann meinen Rucksack, der in der Kajüte verstaut war. Ein Paddel schwimmt davon. Ist das da vorne meine Handtasche? Darin sind mein Handy, der Autoschlüssel, alle wichtigen Karten und Ausweise. Egal. Echt egal jetzt. Einmal liegt das Boot wirklich sauber kopfüber. Wie klettern mit und sind froh, den ein gutes Stück mehr aus dem Wasser zu kommen. Einen Moment sitzen wir rittlings auf dem Kiel. Wahrscheinlich stammen unsere unzähligen Hämatome an den Beinen insbesondere von diesen schmerzhaften Kletteraktionen.

Wir sitzen uns gegenüber auf dem schrecklich spitzwinkligen Kiel und schauen uns an. Wir sprechen es aus: Wahrscheinlich segelt heute, bei diesem Wetter, kein Mensch mehr raus. Das Funkgerät scheint nicht gesendet zu haben. Sonst hätte sich doch schon irgendwas getan. Wahrscheinlich werden wir die Nacht nicht überleben. Das Boot sinkt tiefer und tiefer. Die Chancen auf Rettung sind gering.

Ertrinken oder erfrieren? Das ist hier die Frage

Bald schon dreht sich das Boot wieder. Wir müssen unsere Bewegungen anpassen für diesen Ritt, bei dem wir einfach nur reagieren müssen. Der Horizont wird derweil grauer und grauer. In die Ferne blickend komme ich nicht weiter als bis zu dem einem nüchternen Gedanken: Es wäre echt verdammt schade, wenn hier und heute so einfach alles zu Ende gehen sollte. Und: Ich will nicht, dass dies das Ende ist. Es ist keine Panik dabei. Alles Gedanken sind nur schlichte Feststellungen. Ich stelle auch einfach fest, dass ich mich fragte: Werden wir wohl ertrinken oder erfrieren?

Manfred hängt wieder am Heck des Bootes und ich etwas weiter vorne. Der Rumpf des Bootes bietet schrecklich wenig Halt. Um Manfred sehen zu können, muss ich meinen Körper komplett wenden, da mein Kopf eingezwängt ist in der Rettungsweste. Ich müsste jedes Mal, um nach Manfred zu schauen, den spärlichen Griff meiner Hände noch mehr lösen. Darum ist es leichter, nach ihm zu rufen.

Bist Du da? Ja ich bin da! Jedesmal gibt Manfreds Antwort mir Kraft, durchzuhalten. Mir fällt gerade Konrad Lorenz ein, der „Gänsevater„. Die Kontaktrufe von Gänsen hat er mal in menschliche Worte übersetzt: „Ich bin hier! Wo bist Du?“

Da hängen wir beiden graugänsigen Schiffbrüchigen an der rutschigen Bootskante. Die Wellen schwappen, das Wasser schäumt. Wir werden immer grauer. Nur meine Sonnenbrille hält zuverlässig ihre Position . Kälte und Nässe kriechen überall hin.

Plötzlich kommt wieder mal Bewegung in den Walbuckel. Das Boot dreht sich weiter und weiter, wir klettern mit, klettern über die tief hängende Bootskante – und sitzen tatsächlich im Boot, das Wasser bis zu den Hüften! Wieder sitzen wir uns gegenüber, staunend und kurz hoffend auf etwas mehr Stabiltät. Und schon kippt wieder alles. Wir klettern wieder. Wieder bleibt uns nur der Halt am wackeligen Rumpf, der inzwischen kaum noch aus dem Wasser ragt.

In dem Moment, als das Boot sich aufrichtet, wird endlich das automatisierte Seenot-Funksignal gesendet. Das erfahren wir erst im Nachhinein: Die ganze Zeit war ja die Antenne unter Wasser. Das Funkgerät funktionierte wohl, aber ohne Antenne konnte nicht gesendet werden.

Ungefähr fünfzehn Minuten, nachdem das Boot wieder kieloben trieb, sehen wir am Horizont ein weißes Schiff. Ein schneeweißes, leuchtendes Schiff. Ich bestaune es durch meine Sonnenbrille. Eine wunderschöne Arche steuert auf uns zu. Steuert sie auf uns zu? Kann es sein, dass die uns nicht sehen? Ich winke mit gerecktem Arm mit dem Fender, einem kleinen weißen Schaumstoffkisten, an das ich mich gerade noch klammerte wie eine Ertrinkende. Manfred wedelt mit dem einen Paddel, das wir noch haben. Bäuchlings liegen wir schlaff auf dem sinkenden Boot, nur unsere Schwimmwesten heben sich neongelb vom Grau des Wassers ab. Das rettende Fahrgastschiff Johannes scheint den Kurs auf uns zu halten. Oder doch nicht? Wieso winkt denn niemand zurück? Ich sehe die Silhouetten einiger Personen an Deck. Wieso stehen die da wie die Salzsäulen? Ich winke wie besessen.

Natürlich stehen die Menschen, die uns da in den Wellen schaukelnd entdecken, ähnlich unter Schock wie wir. Unser freudiges Winken können sie nicht erwidern. Ich verstehe es nun selbstverständlich. Ich hätte auch nicht gewunken. Verrückt, welche Gedanken in solchen Situation auftauchen oder? Die ganze Szene betrachte ich durch meine Sonnenbrille. Die sitzt immer noch wie angeklebt in meinem Gesicht. Vielleicht war das Wetter gar nicht so grau wie ich es in Erinnerung habe?

Von nun an läuft die Rettungskette professionell und absolut zuverlässig. Ich lasse mich allerdings nur widerwillig mit dem Bootshaken aus dem Wasser ziehen. Stattdessen versuche ich, bäuchlings auf dem Rumpf liegend, das ganze Boot zum Fahrgastschiff heran zu ziehen. Andernfalls treibt Manfred haltlos wieder davon! Ich brauche erst die eindringlichen Rufe von Bord, ich müsse bitte unbedingt das Boot loslassen! Endlich dringt die Information zu mir durch und ich rutsche ins Wasser, die Bootstange haltend. Und dann ging alles so unglaublich leicht! Bis in den Hafen hätten sie mich nun schleppen können! Dann beugen sich aber helfende Hände zu mir hinunter über die Reling, greifen mir unter die Arme. Ich gleite, ich schwebe, ich fliege. So leicht bin ich. Alles ist jetzt so leicht. Danke!

Ich beobachte, wie endlich auch Manfred samt Rettungsreifen an Bord gehievt wird. Das größte Glück auf Erden! Wir sind beide gerettet!

Gerettet!

Trotz starker Unterkühlungen konnten Manfred und ich am dritten Tag bereits das Krankenhaus wieder verlassen. Wir sind immer noch dankbar für die gute medizinische und auch seelische Unterstützung, die wir von so vielen, vielen helfenden Menschen erfahren durften. Auch den Passagieren auf der Johannes bin ich sehr dankbar für die tatkräftige Unterstützung einiger Passagiere. Den anderen bin ich sehr, sehr dankbar für deren höfliche Zurückhaltung. Diese Ruhe, die daraus entstand, hat ungemein geholfen. Derweil war es für mich vielleicht auch eine Erleichterung, wegen der immmer noch korrekt sitzenden Sonnenbrille nicht noch genauer in entsetzten, besorgten und fragenden Gesichter der Menschen um uns herum zu blicken.

Fast zwei Stunden hatten mein lieber Ehemann und ich uns im kalten, Wellen schlagenden Achterwasser an unser Leben geklammert. Die Ärzte meinten, wir hätten das keine weitere Stunde überstehen können.

Die Wasserschutzpolizei kam noch abends zu uns in die Notaufnahme, wo wir langsam mit Hilfe von Infusionen und Wärmedecken wieder aufgewärmt wurden. Meinen triefend nassen Rucksack hatten sie dabei und meine Handtasche. „Auf dem Handy sind sogar Nachrichten! Es funktioniert!“ strahlten die beiden symphatischen jungen Männer über das ganze Gesicht. Wie eine leuchtende Erscheinung waren sie in der Notaufnahem erschienen. Ich hatte nun alle meine Papiere wieder, Autoschlüssel, sämtliche Ausweise! Wir konnten unsere beiden Töchter informieren. Ihre Rufnummern hätte ich selbstverständlich nicht auswendig gewusst. Weisst Du noch irgendwelche Rufnummern?

Unsere beiden wunderbaren Töchter haben uns abgeholt und uns nach Hause gefahren. Sogar unsere Jolle konnte umgehend und nur leicht beschädigt geborgen werden. So konnten wir sie schon direkt wieder mit nach Hause nehmen, da unsere tapferen Töchter sich dazu bereit erklärten, auch den Trailer gleich mit nach Hause zu ziehen.

Wir haben uns nach unserer Rettung bereits bei vielen Menschen bedanken können. So auch bei den Seenotrettern. Nicht mit allen konnten wir sprechen. Die Stunden, die Tage nach dem Unglück sind weitere Berichte wert. Je mehr ich erzähle und niederschreibe, wird das Geschehen zur Geschichte und mein Abstand dazu wird größer. Beim Erzählen wird mir inzwischen weniger kalt, die wellenartige Übelkeit nimmt ab.

Die große Hilfsbereitschaft aller beteiligten Helferinnen und Helfer war unglaublich wohltuend und bleibt unvergessen. Segeln möchte ich allerdings nicht mehr.

Meine Güte! Alles in einem Rutsch runtergeschrieben. Ich werde noch entscheiden müssen, ob ich noch weiteres berichten möchte. Alles muss erst noch besser verdaut werden. Wir sind beide auf gutem Wege und gesundheitlich haben wir uns erholt.

Der Strandkorb ist so groß, dass man schon klettern muss, um Platz zu nehmen auf der sehr breiten Bank
Ich wirke etwas verloren in dem riesigen Strandkorb oder?
Raketenforschungszentrum
Ein Blick in die gigantischen Hallen des Historischen Museums
Frisch zu Wasser gelassen
Das Boot zu Wasser zu lassen, klappte wie am Schnürchen
Die Jolle gleitet bei mäßigem Wind entspannt dahin

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5. Es gab auf jeden viele schöne Momente in 2024

Der Urlaub mit Kindern und Enkeln war wieder herzerfrischend. Strandspaziergänge machen auch zu Ostern auf Texel Spaß.

Familien Urlaub auf Texel
Sonnenuntergang auf Texel

Der frühsommerliche Wanderurlaub in der Eifel mit einer lieben Freundin war fantastisch. Wir haben tolle Wanderungen erlebt, hier in der Nähe des Ahrtales

Kleine Strechting Einlage während einer schönen Wanderung in der Eifel

Die Trasshöhlen bei Maria Laach waren eine eindrucksvolle Entdeckung. Der weiche Sandstein gibt der gesamten Höhlenanlage einzigartige Formen. Hier stehe ich vermutlich auf der Nasenspitze eines riesigen Trolls. Gut, dass er still hält.

Trasshöhlen bei Maria Laach

Beim jährlichen Pyrmonter Fürstentreff war es wieder ein großer Spaß, den Herrschaften ein Tässchen Kaffee zu kredenzen.

Goethe ist natürlich auch anwesend beim Pyrmonter Fürstentreff

Hin und wieder brauche ich Ausflüge in andere Techniken. Das realistische Zeichnen mit Kohle ist spannend. Einige Wochen habe ich mich damit beschäftigt. Absehbar werde ich es aber nicht fortführen. Vielleicht muss ich erst über die Motive stolpern, an denen ich mich wirklich versuchen möchte. Grundsätzlich schaue ich lieber hinter die Dinge und versuche, neue Entdeckungen sichtbar zu machen. Das hier ist das Ergebnis meines Ausfluges. Es wird erstmal dabei bleiben.

Realistische Zeichnung mit Kohle

Mein 2024-Fazit

Darauf bin ich stolz:

Mit dem Bienenskat MatriaSkat habe ich ein eigenwilliges Werk geschaffen, das mich in ganz neue Bereiche rund um die digitale Druckgrafik geführt hat. Nebenbei habe ich einiges Neues über Bienen gelernt.

Ich bin stolz darauf, in 2025 wieder eine große Solo Ausstellung auszurichten.

Ich bin sehr stolz und glücklich, dass mein Mann und ich unseren Unfall mit allen seinen Nachwirkungen so gut hinter uns lassen konnten.

Besonders schön in 2024:

Die Treffen, die Besuche, der Urlaub und die gemeinsamen Erlebnisse mit unseren Kindern und Enkeln habe ich wie immer ganz besonders genossen. Die Entfernungen bringen es mit sich, dass wir uns leider nicht regelmäßig sehen. Wenn es dann aber klappt, ist es einfach immer wunderbar. Dass unsere Töchter uns so großartig nach unserem Unfall zur Seite standen, war herausragend!

Welche wichtigen Lektionen hat mir 2024 mitgegeben?

Ich werde nicht mehr segeln.

Ich werde mehr bloggen

Ich werde weiterhin dranbleiben, bei allen Geschehnissen und Ereignissen eine positive Entwicklung zu verfolgen.

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Ausblick auf das kommende Jahr

6. Vorfreude auf die Solo Ausstellung im Residenzschloss Bad Arolsen

Nach den Sommerferien die endgültige Zusage: Meine nächste Solo Ausstellung kommt! Meine [UN]scheinbaren Welten werden ab 7. März im Museum Bad Arolsen zu sehen sein. Die langen klassizistischen Flure und Säle bieten reichlich Platz. Ich freue mich auf die Präsentation meiner fragwürdigen und banalen Alltagsfundstücke in den hochherrschaftlichen Räumen. Einst residierten hier Königinnen und Fürsten. Ab März übernehmen tausende meiner zweifelhaften Insekten und bizarren Vogelgestalten die Regentschaft über die vertäfelten Räumlichkeiten. Zumindest für einige Wochen.

Mit den Vorbereitungen bin ich bereits gut eingespannt. Es wird wieder ein begehbares Kabinett geben. Ähnlich wie schon im Schlossmuseum Bad Pyrmont in meiner Ausstellung Romantik 2.0 wird eine kleine Kammer vorbereitet sein, die einem Kokon ähnlich zur eigenen Metamorphose einladen wird. Am meisten freue ich mich, wenn ich Dich als Besucherin oder Besucher aktiv mitnehmen kann auf einen Ausflug in diese kleinen bizarren Welten, die ja eigentlich uns allen täglich zu Füßen liegen. Im hektischen Alltag geht aber vieles unter. Es kann vieles verändern, die Augen für den kleinen Moment zu öffnen, in dem wir uns unmittelbar befinden.

Wirklich dabei zu sein und mitzuwirken, bringt mehr Spaß und Erkenntnisse, als einfach nur zu bewundern, was da so in einer Ausstellung an den Wänden präsentiert wird. Deshalb wirst Du mit mir zusammen an einigen Tagen der Ausstellung selbst die kleinsten Reste in überraschende Schätze verwandeln können. Das Museum Bad Arolsen wird noch rechtzeitig alle Termine bekannt geben. Und natürlich werde ich Dich über alles rund um die kommende Ausstellung auf dem Laufenden halten.

Residenzschloss Arolsen
Residenzschloss Arolsen

Wie gut, dass ich nicht das ganze Schloss mit meinen Miniaturen füllen muss. Die ganze Anlage ist nämlich wirklich riesig. Das Museum bzw. die Galerieräume im linken Flügel machen nur einen verhältnismäßig kleinen Teil aus. Ansonsten hat das Schloss sehr interessante Entdeckungen zu bieten. Es gibt gleich zwei sehr spannende Bibliotheken. Eine davon dient der Forschung, die andere ist als historische Sammlung zu besichtigen. Beide bergen unglaubliche Schätze. Schon allein die Athmosphäre ist einzigartig.

Unterm Strich: Arolsen ist ein kleines historisches Städtchen in Hessen. Fünf Museen hat es zu bieten, ein historisches kleines Zentrum und viel wunderschöne Landschaft drumherum, die zu Durchatmen einlädt

Lange Galeriegaeng im Museum Schloss Arolsen

Innenansicht Museum Schloss Arolsen
Bei der kommenden Ausstellung wird die Metamorphose auch wieder eine Rolle spielen

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2025 bringt uns allen hoffentlich friedliche Zeiten.

Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung, Mitbestimmung, Gleichberechtigung aller Geschlechter und Altersgruppen, gegenseitiger Respekt auf allen Ebenen wären ein großartiges Ziel. Ich freue mich und bin gespannt auf 2025.

Aus 2024 nehme ich mit, wie gut und wichtig ist, gegenseitige Unterstützung zu pflegen. Im Kleinen wie im Großen. In der Familie wie gesellschaftlich.Ich wünsche Dir alles Gute für das kommende Jahr 2025!

Ich freue mich auf Deinen Kommentar zu meinem Jahresrückblick. Was kann ich an der Struktur des Blogs verbessern? Worüber würdest Du gern mehr erfahren? Was hat Dir gefallen? Was könnte ich verbessern.


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