…sind eigentlich ein und dasselbe
Allerdings durchlaufen sie eine Metamorphose, die ihr Erscheinungsbild so kolossal verändert, dass es unglaublich erscheint, die ganze Zeit ein Individuum vor sich zu haben. Klingt irgendwie auch menschlich oder? Denn von unserer Geburt bis zum greisen Alter verwandeln wir uns ja ebenfalls auf eine Weise, die uns selbst unvorstellbar scheint, wenn wir auf unser eigenes Leben schauen.
Die Metamorphose ist ein Wandel im Zeitraffer –
Zumindest für uns Menschen mit unserer erheblich längeren Lebensspanne.
Theoretisch weißt Du bestimmt genauso viel wie ich über den Schmetterling, der als Larve bzw. Raupe aus einem winzigen Ei kriecht, sich später in einer schützenden Hülle verpuppt, um sich darin wiederum unglaublich zu verwandeln. Aus dem schützenden Kokon heraus schlüpft nach einer Weile ein wundersamer Falter, der augenscheinlich rein gar nichts mit der Raupe mehr gemein hat, die er einmal war.
Ich hatte vor einiger Zeit die Gelegenheit, einen Zyklus der Entwicklung von Mondfaltern aus der Nähe zu erleben. Die Raupen des Mondfalters ernähren sich von Birkenblättern, die ich vor unserer Haustür nicht lange suchen musste. Der adulte Falter frisst dann gar nichts in seiner kurzen Lebensspanne von ca. 14 Tagen. Ich brauchte also kein aufwendiges Equipment für die Falter.
Der ganze Prozess ist wirklich beeindruckend zu beobachten. Und zeitaufwendig in der Pflege. Nach ca sechs Wochen hatten sich endlich alle Raupen verpuppt und ich brauchte keine frischen Blättchen mehr ranschaffen.
Eine Raupe zu sein, bedeutet richtig viel Arbeit!
Ehrlich! Fressen, ruhen und häuten! Das macht das Leben einer Raupe aus. Hört sich nicht wirklich nach Arbeit an oder? Aber bis zur Größe von mehreren Zentimetern muss die Raupe sich mehrmals häuten. Für mich sah das jedes Mal nach einem gewaltigen Kraftakt aus. Stell Dir gerne vor, wie ich über dem Zuchtbehälter hocke, beobachte und staune. Mit der Makrofunktion der Kamera staunte ich am Ende noch mehr. Denn ich konnte den Prozess noch viel deutlicher erkennen als mit dem bloßen Auge.
Im Clip siehst die Metamorphose des Mondfalters im Zeitraffer.
Am Ende wird dann noch die Hülle des Kopfes abgeworfen wie ein alter Hut 🎩🐛
Das sieht wirklich bizarr aus. Und anstrengend oder? Ich finde es nicht verwunderlich, dass die Raupe nach erfolgreicher Häutung die nächsten Stunden erstmal einfach nur da sitzt, ruht und sich sammelt – bis zur nächsten Fressattacke, bei der die Birkenblätter nur so weggeraspelt werden.
Unglaublich, aber wahr: dieses Fressmaschinchen verpuppt sich schließlich. Und nach wenigen Wochen schlüpft der wunderschöne Mondfalter, der in Kanada zu Hause ist.
Der frisch geschlüpfte Falter hat was von einem geflügelten Wurm.
Der Clip zeigt, wie der Falter aus dem Kokon herauskriecht. Die alten Verdauungssäfte muss er als nächstes loswerden. Dann sucht er sich eine Stelle, wo er in Ruhe seine Flügel “aufpumpen” kann. Dafür wird die Flüssigkeit aus seinem langen Körper mehr und mehr in die sich vergrößernden Flügel gepumpt. Dieser Prozess dauert auch noch mal etliche Stunden.
Der Mondfalter lebt dann nur ca. vierzehn Tage. Diese Zeit dient ausschließlich der Fortpflanzung. Nahrung wird in der Zeit nicht aufgenommen. Im Gegensatz zu vielen anderen Faltern, die unterschiedliche Nahrungsquellen aufsuchen, unterschiedliches Klima brauchen und sehr unterschiedliche Lebensspannen haben. Die Varietät der Metamorphose ist einfach unvorstellbar und unglaublich. Einfach beeindruckend.
Die Metamorphose mit all ihren tiefgreifenden Veränderungen läuft mit einer Zuverlässigkeit ab, die ich geradezu ermutigend finde. Ich möchte gern darauf vertrauen, dass sich hinter jedem bevorstehenden Wandel durchaus ein grandioser Plan stehen kann. Schließlich bleibt nichts wie es ist und nichts ist so sicher wie der Wandel.
Die Verwandlung der Schmetterlinge ist schon immer Inspiration für die Philosophie, Psychologie und Literatur. Vielleicht, weil sie so unglaublich komplex ist. Wir können noch so viel dazu forschen – sie bleibt uns rätselhaft.
Für mich bleibt die Schmetterlingszucht ein einmaliges Experiment. Bis auf weiteres. Da der Wandel für meine Kunst prägend ist, wird die Metamorphose aber auf jeden Fall in meiner kommenden Ausstellung viel Raum bekommen. Einfach, weil das Thema so aktuell ist. Es kommen Veränderungen auf uns zu, mit denen wir umgehen werden müssen. Vieles ist offen. Der Termin für meine nächste Ausstellung ist allerdings sicher – hier schon mal die offizielle Ankündigung. Ab 8. März werden meine Arbeiten im Museum Bad Arolsen zu sehen sein. An dieser Stelle werde ich bald mehr dazu erzählen.